Sie kennen die Situation sicherlich selbst als Kunde: Sie sind mit einem Produkt unzufrieden, machen eine Reklamation geltend, kämpfen sich durch unangenehme Reklamationsgespräche, werden vertröstet – und es geschieht nichts oder aus Kundensicht zu wenig oder zu spät. Es gibt kaum etwas, das Ihre Kunden besser in die Arme der Konkurrenz treibt, als Unzufriedenheit!
Erfahren Sie mehr über die effektive Erschließung der wesentlichen Erfolgsfaktoren:
- Erwartungen des Kunden kennen und verstehen
- Transparenz über Kosten und Nutzen von Reklamationen
- Auswahl der richtigen „Organisationsform“
- Aufbau eines effizienten und effektiven Reklamationsprozesses
- Einsatz kompetenter und entscheidungskräftiger Mitarbeiter
- Rückkoppelung von Reklamationsfällen in die Produktentwicklung zur Qualitätsverbesserung
Der springende Punkt für Sie:
Erfolgreiches Reklamationsmanagement bedingt einen effizienten Problemlösungsprozess. Haben Sie Ihr Reklamationsmanagement nicht auf professionelle Beine gestellt, wird Ihre Organisation einem harten Belastungstest standhalten müssen, denn der Kunde straft ab.
Wir wünschen Ihnen ein informatives Lesen!
Ihre SHS
Kundenerwartungen als Antrieb
Fehler passieren, das wissen und akzeptieren auch Ihre Kunden. Wesentlich ist also Ihre Einstellung: Jede Kundenreklamation, auch eine (vermeintlich) unberechtigte, muss als willkommener Vorschlag zur Verbesserung gesehen werden. Sie ist eine Chance, den Kunden von der Serviceleistung Ihres Unternehmens zu überzeugen – und letztlich zu binden. Gelingt das, dann steigt das Vertrauen Ihrer Kunden – und Sie werden weiter empfohlen. Ein lohnendes Ziel, denn:
- die Neukundengewinnung kostet im Normalfall das Fünffache der Stammkundenpflege
- Empfehlungen haben eine 3 bis 5-fach stärkere Wirkung als die üblichen Marketingmaßnahmen (Werbeaussendungen, direkte Kundenanschreiben, Vorführungen/ Kundenberatung usw.)
Das Gute daran ist, dass ein effizientes und effektives Reklamationsmanagement aus Kundensicht recht „einfach“ zu lösen ist durch:
- einen lösungsorientierten Ansatz
- einen schnellen Bearbeitungsprozess
- einen persönlichen und kompetenten Ansprechpartner
- eine transparente (für den Kunden nachvollziehbare) Entscheidung
SHS Grafik 1: Effizientes Reklamationsmanagement aus Kundensicht
Der Grundstein für einen exzellenten Reklamationsprozess ist der enge Kontakt zum Kunden – nur dann kennt ein Unternehmen auch dessen Erwartungen. Und nur dann können dem Kunden die geltenden Reklamationsregeln klar aufgezeigt und falsche Erwartungen verhindert werden. Das Um und Auf in der Kundenbeziehung ist, wie Sie mit Produkt- oder Servicefehlern umgehen. Für den Kunden ist das ein wesentlicher Indikator für Ihre Servicequalität. Gutes Reklamationsmanagement ist also so etwas wie die Visitenkarte Ihres Unternehmens.
Ihre rasche und flexible Reaktion auf Reklamationsfälle zeigt, wie gut Ihre internen Prozesse über Produktion, Qualitätsmanagement und Logistik aufgestellt sind. Im Endeffekt schließt der Kunde anhand Ihrer Prozessqualität auch automatisch auf Ihre Produktqualität und entscheidet schlussendlich über Wiederkauf und Weiterempfehlung.
Um den Kundenerwartungen zu entsprechen, müssen sämtliche Kundenkontaktpunkte im Reklamationsprozess dahingehend ausgerichtet werden und genau in diesem Punkt liegt auch die Komplexität oder Schwierigkeit für viele Unternehmen. Es scheitert weniger am Wollen als am Können. Der Reklamationsprozess zieht sich durch sämtliche Abteilungen des Unternehmens und weist viele Schnittstellen auf.
SHS Grafik 2: Auszug Kundenkontaktpunkte im Reklamationsmanagement
Bei der Reklamation gibt es jede Menge interner und externer Berührungspunkte eines Kunden – daher ist die einheitliche Vorgangsweise in allen Bereichen unabdingbar. Klare Ziele, flexible Lösungswege und vor allem die richtigen Mitarbeiter sind notwendig, damit der Kunde am Ende zufrieden ist.
Ankündigung: Mehr Details für ein effizientes Managen Ihrer Kundenkontaktpunkte erfahren Sie bereits in der kommenden Ausgabe unseres Beratungsnewsletters!
Die Kosten-Nutzen-Balance finden
Ein erfolgreiches Reklamationsmanagement zeichnet sich auch dadurch aus, dass für jede Reklamation die richtige Lösung für den Kunden (Nutzen) und das Unternehmen (Kosten) gefunden wird. Die Differenzierung dabei ist wichtig, da zum Beispiel eine Reklamation eines Laptops nicht mit der Reklamation eines defekten Airbags zu vergleichen ist – weder aus Kunden- noch aus Unternehmenssicht.
Deshalb ist es für Unternehmen wichtig zu wissen:
- Welche Kunden reklamieren (A-Kunde vs. C-Kunde)?
- Welche Produkte werden reklamiert? (Standardprodukt vs. Sonderlösung)?
- Was ist dem Kunden wichtig? (Schnelligkeit, Angemessenheit)
- Was sind die Kosten/Preise für dieses Produkt (Billigprodukt vs. Premiumprodukt)?
Zusätzlich muss im Unternehmen Klarheit über die Kosten der Reklamationsbearbeitung herrschen, denn die Erfahrung zeigt, dass manchmal der sofortige/ungeprüfte Austausch billiger als die Reklamationsbearbeitung selbst sein kann. Typische Kostenblöcke, die es bei der Berechnung zu berücksichtigen gilt, sind: Transport- bzw. Versandkosten, Entsorgungskosten, Reparaturkosten sowie Kosten für die Reklamationsbearbeitung.
Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse müssen unterschiedliche Lösungsansätze für die Bearbeitung von Reklamationen sowie Richtlinien definiert werden, bei denen diese Kriterien ausbalanciert werden:
SHS Grafik 3: Beispielhafte Lösungsansätze von Reklamationsfällen
Zentrale, dezentrale Organisation oder Outsourcing
Auch in der Reklamationsbearbeitung stellt sich die Frage nach der richtigen Organisationsform. Kann das Produkt schnell und einfach an eine zentrale Stelle versendet werden, macht eine zentrale Reklamationsbearbeitung schon allein aus Effizienzgründen Sinn. Die Standardisierung von Prozessen, die Einhaltung von Richtlinien und eine einheitliche Bearbeitung von Reklamationsfällen kann wesentlich einfacher und kostengünstiger realisiert werden.
Ist dies nicht möglich, bietet sich eine dezentrale Organisation an. Doch Vorsicht: Durch die größere Anzahl an Schnittstellen kann dabei der Reklamationsprozess wesentlich komplexer werden. Eine weitere Alternative ist das Outsourcing der Reklamationsbearbeitung – hier reicht die Bandbreite vom Outsourcing einzelner Prozessschritte bis hin zum Outsourcing des kompletten Prozesses.
Am Beispiel der Elektronikindustrie: In der Branche wird die Reklamationsbearbeitung zum Handelspartner hin meist komplett ausgelagert. Das liegt an der oft fehlenden geographischen Präsenz des Unternehmens in den Zielmärkten aber auch an der Tatsache, dass gerade bei Produkten mit kurzen Lebenszyklen wie Handys, Laptops etc. die Kosten im Falle einer unternehmensinternen Reklamationsbearbeitung zu hoch wären. Die Unternehmen ziehen es vor, zu outsourcen und nehmen damit einen möglichen Verlust von Effizienz bei Betreuung und Geschwindigkeit – und damit auch unzufriedene Kunden – in Kauf.
Sowohl bei der dezentralen Organisationsform als auch bei der Outsourcing-Variante ist vor allem wichtig, dass die Schnittstellen im Unternehmen klar definiert sind. Damit wird sichergestellt, dass der Informationsfluss über die anfallenden Reklamationen zurück ins Unternehmen zu Entwicklungsabteilung, Vertrieb, Produktion etc. auch funktioniert.
Unsere Erfahrung zeigt, dass eine interne Reklamationsbearbeitung zwar nicht immer die kostengünstigste Lösung ist, jedoch klare Vorteile bei der Kundenzufriedenheit bringt. Dies gilt umso mehr bei hochwertigen Produkten, da der Verlust eines A-Kunden aufgrund einer unbefriedigenden Reklamationsbearbeitung doppelt schwer wiegt.
Das 1×1 für einen effizienten Prozess
Ziel eines jeden Reklamationsprozesses sollte es sein, einen Großteil der Reklamationen über einen standardisierten Prozess abzuwickeln. Das bedeutet nicht automatisch, dass alle Reklamationen in einem Prozess abgewickelt werden. Wie viele standardisierte Prozesse notwendig sind, hängt von einer Reihe von Faktoren ab:
- Wie viele Kundensegmente werden von Ihrem Unternehmen bedient?
- Soll es einen unterschiedlichen Service-Level im Reklamationsprozess für Ihre A, B und C Kunden geben?
- Haben diese unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen?
Dies sind nur ein paar Fragen, die bei der Definition der standardisierten Prozesse zu beantworten sind. Wie immer bei Standardisierungen gilt auch hier, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – also die sprichwörtlichen 80 % der Fälle. Grundprinzip sollte sein, den Reklamationsprozess so aufzusetzen, dass ein hoher Prozentsatz der Standardreklamationen mit möglichst geringem Aufwand abgewickelt werden kann – auf Ebene der Sachbearbeiter. Alle anderen Fälle, die nicht dem Standard zugeordnet werden können, sind wieder über entsprechende Kompetenzregelungen durch höher qualifizierte Mitarbeiter abzuwickeln.
An dieser Stelle eignet sich folgendes Beispiel aus einem Referenzprojekt mit einem SHS-Kunden der Baustoffindustrie:
Ein Unternehmen bedient sich für die Reklamationsaufnahmen seines Händlernetzes und lässt die Reklamationen standardisiert in einem Online-Portal erfassen. Mit diesem Vorgehen lässt sich ein hoher Prozentsatz der auftretenden Reklamationen einfach abwickeln. Bei Sonderfällen (neue/ unbekannte Reklamationsart, technische Unsicherheit des Händlers) kann per Videokonferenz auf einen qualifizierten Mitarbeiter des Unternehmens zugegriffen werden, um durch gemeinsame Besichtigung eine schnelle Klärung der Situation herbeizuführen. Durch dieses Vorgehen können Reisezeiten qualifizierter Mitarbeiter und auch hohe Kosten gespart werden.
Um eine reibungslose Abwicklung des Reklamationsprozesses sicherzustellen, müssen klare Spielregeln aufgestellt werden:
- Definierte Lösungsansätze für die identifizierten Problemfälle
- Richtlinien für den Umgang mit dem Kunden
- Entscheidungsrechte für den Mitarbeiter und vieles mehr
Was von vielen Unternehmen bei der Standardisierung unterschätzt wird, ist die Erstellung eines sauberen FAQ-Katalogs, der die häufigsten Fragen/ Probleme von Kunden sowie Antworten liefert. Das sichert nicht nur eine einheitliche Bearbeitung von Reklamationen, sondern – bei laufender Aktualisierung der FAQs – eine kontinuierlich lernende Organisation. Die stetige Verbesserung des Prozesses mittels eines Kennzahlensystems versteht sich hier natürlich von selbst. Kundenzufriedenheit, Durchlaufzeiten, Kosten und Reklamationshäufigkeiten gehören zum Mindeststandard eines jeden Reklamationsprozesses.
Der Faktor Mensch
Aus Sicht des Kunden sind Reklamationen fast immer ein höchst emotionales Thema. Die effizienteste Prozessaufstellung bringt also in der Regel nichts ohne den „richtigen“ Mitarbeiter. Schnell werden Meinungen und Schuldzuweisungen ausgesprochen, und es liegt an dem Mitarbeiter, in dieser Situation professionell und lösungsorientiert zu reagieren. Ein kompetenter Support-Mitarbeiter ist im Umgang mit einem reklamierenden Kunden somit eine wertvolle Geheimzutat – denn kompetente Mitarbeiter treffen Entscheidungen und vermitteln dem Kunden damit Wertschätzung!
Neben den Kenntnissen der definierten Richtlinien und Prozesse muss der Mitarbeiter daher professionell ausgebildet und kontinuierlich geschult werden. Denn nur dann traut er sich schnelle Entscheidung zu – und das erwartet der Kunde! Da sich nicht jeder Mitarbeiter dieser Verantwortung gewachsen fühlt, macht es Sinn, die Aufgaben im Reklamationsprozess so zu verteilen, dass beispielsweise besonders kritische Reklamationen an speziell ausgebildete Mitarbeiter weitergeleitet werden.
Wichtig ist, dass bei der Schulung von Mitarbeitern nicht nur auf sämtliche Kundenkontaktpunkte der Produktreklamation geachtet wird, sondern auch die Rechnungsreklamation berücksichtigt wird. Diese wird in den meisten Fällen von der Buchhaltungsabteilung bearbeitet. Was bringt der bestgeschulte Servicetechniker, wenn am Ende des Tages der Mitarbeiter in der Buchhaltung über die Kundenzufriedenheit entscheidet?
Reklamation als Basis für Qualitätsverbesserungskonzepte
Schlanke und hoch integrierte Wertschöpfungsketten erfordern höchste Qualität und Verlässlichkeit. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung von Fehlern, sondern vor allem auch um deren schnelle Behebung und eine nachhaltige Beseitigung ihrer Ursachen. Ein wesentlicher Schlüsselfaktor des effektiven Reklamationsmanagements ist es daher, die Fehlerursachen auch nachhaltig zu eliminieren.
SHS Grafik 4: Interne Rückkoppelung von Reklamationsfällen
In Wahrheit beginnt der eigentliche Reklamationsprozess erst dann, wenn der Kunde bereits zufriedengestellt ist. Intern müssen anschließend viele Bereiche schnell und effizient zusammenarbeiten, um die möglichen Ursachen für den Reklamationsfall zu eruieren. Dabei sind Fehlerursachen weit gestreut – vom einfachen Versandfehler im Lager bis hin zu gravierenden Entwicklungsfehlern, die zu öffentlichen und aufwändigen Rückholaktionen am Markt führen können.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Reklamationen von Kunden detailreich von Beginn weg dokumentiert werden, und die identifizierten Probleme bei Bedarf schnell an die verantwortlichen Bereiche weitergeleitet werden. Um dies sicherzustellen, empfiehlt es sich bestimmte Fehlerkategorien oder Produktbereiche als kritische Bereiche zu identifizieren, damit jede Reklamation sofort weitergeleitet wird. Besonderes Augenmerk verdienen auch Kundenreklamationen, die Komponenten von Lieferanten betreffen. Im Falle einer Reklamation sollte unverzüglich der Lieferant kontaktiert werden, um so Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können.
Präventive Maßnahmensetzung, eine transparente Aufbereitung und Nutzung der Daten sowie die Standardisierung der Reklamationsabwicklung – das sind die Kernaufgaben eines gelungenen Reklamationsmanagements. Um diese auch optimal zu unterstützen, ist ein passendes IT-System im Hintergrund unerlässlich, das ein systemisches Erfassen, Analysieren und Auswerten von Informationen ermöglicht.
Der geschulteste und kompetenteste Mitarbeiter ist im Reklamationsmanagement nur so viel wert wie das System im Hintergrund. Zur operativen Abwicklung haben sich in Unternehmen verschiedene Standardinstrumente rund um das Reklamationsmanagement entwickelt, wie beispielsweise 8-D-Reports. Der 8-D-Report ist eine standardisierte Methode zur Reklamationsbearbeitung, bei dem mittels Ursachenforschung, Maßnahmensetzung und Lösungsnachverfolgung eine ganzheitliche Bearbeitung der Reklamationsfälle sichergestellt wird – ganz im Sinne der operativen Exzellenz.
Den Ernstfall proben
Am Beispiel eines Spezialfahrzeugherstellers, aus der Beratungserfahrung unserer SHS Experten, lassen sich die Bedeutung des Reklamationsprozesses und speziell die Wichtigkeit von Testläufen noch konkreter darstellen:
SHS Grafik 5: Prozessdarstellung am Bsp. eines Spezialfahrzeugherstellers
Der Kunde hat in diesem Fall einen organisierten Reklamationsbearbeitungsprozess, bei dem sämtliche Reklamationsfälle zentral dokumentiert werden. Anhand von festgeschriebenen Kriterien werden die Informationen an die jeweiligen Abteilungen weitergeleitet. In der Qualitäts- und Abwicklungsabteilung wird die Bedeutung der Reklamation bewertet. Bei Bedarf werden sofortige Teileänderungen veranlasst.
Durch den etablierten Prozess sind Reklamationsfälle unmittelbar in die Serienproduktion eingeflossen und die Fehlerquote bei den Produkten konnte schnellstmöglich reduziert werden.
Machen Sie sich unsere Erfolgshebel bewusst, beschleunigen Sie alle Reklamationsvorgänge und senken Sie die Kosten. Ein professioneller objektiver externer Blick empfiehlt sich!
Wir hoffen, dass Ihnen diese Ausgabe unseres Newsletters wertvollen Input für Ihr Reklamationsmanagement gegeben hat und Sie mögliche Perspektiven für Ihre Kundenbindung erkennen konnten.
Falls Sie Fragen zum aktuellen Thema haben, stehen wir Ihnen gerne unter letswork@shs.at zur Verfügung.
Wir freuen uns darauf, mit Ihnen gemeinsam die „externe Brille“ aufzusetzen und erste Ansatzpunkte für ein gemeinsames Projekt zu diskutieren.
Ihre SHS